Sehr geehrte Damen und Herren des DFB, der DFL und der Vertreter der Medien,

an den Fankongress in Leipzig wurden von uns Fans im Vorfeld große Erwartungen gestellt. Diese Erwartungen waren und sind vielseitig und umfassend und haben auch weiterhin Bestand.

Die Zusammenarbeit in den Gremien war überwiegend positiv, allerdings gab es auch kritische Stimmen, beispielsweise, dass in den einzelnen Arbeitsgruppen nicht die offiziellen Ansprechpartner vor Ort waren, die man sich für einen konstruktiven Dialog benötigt hätte.

Im Nachfolgenden können Sie die Wünsche und Forderungen, teilweise auch schon konkrete Ergebnisse im Einzelnen nachlesen, die von Fanseiten aus an den DFB und die DFL gestellt wurden. Wir bitten um Verständnis, dass diese Zusammenfassung nicht den Anspruch auf Vollständigkeit hat, da die Fülle der Wünsche im Verhältnis zum Zeitrahmen einfach zu groß ist. Ebenso findet die offizielle Zusammenfassung zwischen offiziellen Vertretern und den Fans in den Foren erst nach der Pressekonferenz statt.

Im Forum „Spannungsfelder“ stellte Herr Helmut Spahn in Aussicht, erste Beratungen zu unseren Forderungen in den Gremien des DFB mit Einbezug von Fanvertretern werde es bereits zu Beginn der Bundesligasaison 2007/2008 geben. Von Fanseiten werden wir den Änderungsprozess weiter verfolgen. Konkrete Ergebnisse und Maßnahmen hieraus erwarten wir zur Winterpause 2007/2008.

Wir danken dem DFB und allen Beteiligten, dass sie den Fankongress überhaupt ermöglicht und somit eine neue Dimension der Zusammenarbeit geschaffen haben. Wir gehen davon aus, dass die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Fans und dem DFB weitergeführt wird und blicken daher optimistisch in die Zukunft.

B.A.F.F
Pro Fans

Unsere Kurve

Präambel

Der „offene Dialog zwischen dem DFB, der DFL und den Faninitiativen“, den Dr. Theo Zwanziger in seinem Vorwort zum Bundesweiten Fan Kongress 2007 formulierte, ist auch erklärtes Ziel der aktiven Fans.
Auch wir streben „nachhaltige und greifbare Ergebnisse“ an. Zu diesem Zweck haben wir in der folgenden Erklärung für uns zentrale Forderungen und Grundannahmen zusammengestellt.

Zu einem respektvollen Umgang und „konstruktiven Dialog“ gehört, dass wir als Gesprächspartner auf Augenhöhe akzeptiert werden und Mitbestimmungsrecht in uns betreffenden Belangen erhalten.

Wir als aktive Fans sind unverzichtbarer Teil des Fußballs – nicht primär Kunden oder ein Sicherheitsrisiko.
Fußball bedeutet für uns Emotion und Leidenschaft und um dies zu leben brauchen wir Freiräume. Diese werden uns aber immer mehr genommen.

Handlungsbedarf besteht für uns daher u. a. in den Bereichen

  • Fankultur (Stichworte: Fanutensilien, Spielansetzungen, Kommerzialisierung,   Versitzplatzung, Meinungsfreiheit)
  • Spannungsfelder (Datei Gewalttäter Sport, Stadionverbote)
  • Fanbetreuung
  • Anti-Diskriminierung
  • Länderspiele

Wir nehmen den von den Verbänden angebotenen Dialog gerne an und fordern DFB und DFL auf,   diesen mit den Fanorganisationen fortzuführen.
Wir fordern DFB und DFL daher auf, in Kontakt mit der AG Fanforum/Fankongress eine offizielle Reaktion zu erarbeiten. In Zusammenarbeit mit der AG Fanforum/Fankongress sollen bis zur Winterpause 2007/2008 konkrete Umsetzungspläne inhaltlicher Art in kurz- mittel- und langfristiger Perspektive verabschiedet werden. Weiterhin sollen in diesem Rahmen Grundlagen für einen dauerhaften Dialog geschaffen werden.


Forum 1: Fankultur

Spieltagansetzungen

Die Ansetzung und Terminierung der Spieltage von Bundesliga, 2. Bundesliga und Regionalligen gestalten sich sehr schwierig. Zu berücksichtigende Faktoren sind unter anderem Termine für den DFB-Pokal sowie die UEFA-Wettbewerbe, außerdem spielen die Verfügbarkeiten der Stadien und die Sicherheitseinschätzungen der Polizei bzw. ZIS eine Rolle. Trotzdem sieht die Arbeitsgruppe Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne der Fans bzw. auch grundlegend zu beachtendes für die reformierte Regionalliga. In Anbetracht der auslaufenden TV-Verträge ist dies ab der Saison 2009/2010 zu berücksichtigen.
Zu den von den Spieltagsplanern zu beachtende Punkte sind:

  1. Die 300 km-Regel ist grundsätzlich vor dem Hintergrund o. g. Faktoren zu berücksichtigen. Das heißt, dass Sonntagsspiele in der ersten Liga, Montagsspiele in der zweiten Liga sowie Freitagsspiele in beiden Ligen für anreisende Fans möglichst nicht weiter auseinander liegen sollen. Kann die Regel angewandt werden, muss dies auch geschehen.
  2. Die Anzahl von Montagsspielen (zweite Liga) und Sonntagsspielen soll pro Verein limitiert werden, wenn dies nicht mit der Rehabilitation vor/nach europäischen oder deutschen Pokalwettbewerben kollidiert.
  3. Die Ansetzungen in der „Englischen Woche“ sollen möglichst so gewählt werden, dass die Distanz zwischen den Städten der jeweiligen Vereine in so vielen Fällen wie möglich die 300 km nicht überschreitet. Dass dies nicht in allen Fällen möglich ist, versteht sich von selbst.
  4. Rahmenterminpläne sollen so früh wie möglich veröffentlicht werden und nicht erst 3 Wochen vor Saisonbeginn. Ein zeitlicher Mindestabstand ist zu wählen.
  5. Spieltage, die nicht von Wettbewerben wie UEFA-Cup oder DFB-Pokal tangiert werden, sollen bereits zu Saisonbeginn terminiert werden (Inseln der Glückseligkeit). Es ist darauf zu achten, möglichst viele feste Termine benennen zu können.
  6. Freitags- bzw. Wochenspiele dürfen nicht vor 19 Uhr beginnen. Eine Anreise ist sonst selbst für Heimfans schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.
  7. Spiele am Wochenende sollen in der 2. Bundesliga und in den Regionalligen immer um 14 Uhr angepfiffen werden. Für die Bundesliga bleibt die traditionelle Uhrzeit 15.30 Uhr am Sonnabend acht und 17 Uhr am Sonntag.
  8. In der neuen Regionalliga darf es keinen neuen „Topspieltag“ geben. Gerade bei Spielen unter der Woche müssen die Behörden in den Städten der ausrichtenden Vereine für eine „vernünftige“ Verkehrsleitung sorgen, um bei den durch Feierabendverkehr aufkommende Automassen für einen reibungslosen Ablauf und somit eine pünktliche Ankunft im Stadion zu sorgen.


Kommerzialisierung

  1. Wo liegen die Ursachen?

Die Kommerzialisierung des modernen Fußballs ist das Übel zur Finanzierung des teuren Profikaders.

  1. Was sind die möglichen Auswirkungen?
  • Identitätsverlust

Vereinsfarben, Stadionnamen und sogar Vereinsnamen werden meistbietend verhökert.

  • Einengen von Freiräumen

Der aktive Fan verliert an Priorität, da z.B. Räumlichkeiten innerhalb des Stadions zumeist für VIPs und Sponsoren genutzt werden. Fahnenplätze werden für mehr Werbebanden abgeschafft, Stehplätze werden vernichtet, um Logen zu bauen und aus der klassischen Stadionkneipe wird ein exklusiver Businessbereich.

  • Zerstörung der Selbstregulierung

Durch das „Heranzüchten“ von Konsumenten werden Fanstrukturen ausgehebelt und die ursprüngliche Fankultur zerstört. Leidenschaft weicht Business, engagierte Fanclubs und aktive Fans weichen Eventpublikum und Lifestylefans.

3. Was sind unsere konkreten Forderungen?
Wir fordern:

  • Die vorhandene Regelung, dass mindestens 50%+1 der Beteiligungen durch die Vereine an den Kapitalgesellschaften gehalten werden müssen, darf nicht verschlechtert werden.
  • Aktive Fans müssen die Möglichkeit der Mitsprache, Mitgestaltung und der freien Entfaltung innerhalb des Stadions und des Vereinslebens behalten bzw. bekommen.
  • Die Vereinsfarben, Wappen und Vereinsnamen müssen weiterhin geschützt werden.
  • Die vorhandene Empfehlung des DFB zur Mindestanzahl von Stehplätzen (20% der Stadionkapazität) soll zu einer Muss-Bestimmung geändert werden. Die Regelung gilt für den Heim – und Auswärtsbereich.
  • Die Vereine sollen gemeinsam mit den Fans Strategien entwickeln, wie Traditionen und Werte erhalten bleiben und an neue Fangenerationen weitergegeben werden.
  • Sozialverträgliche Preise für Eintrittskarten und Verpflegung innerhalb des Stadions. Darüber hinaus muss es möglich sein, auch ohne „Arena-Card“ zu zahlen.
  1. Was müssen der DFB und die DFL zur Umsetzung beitragen?

Der DFB ist sich lt. seines Präsidenten seiner „sozialen Verantwortung bewusst ist…“, daher fordern wir:

  • Die Vereine müssen sich ihrer sozialen und regionalen Verantwortung bewusst werden und diese aktiv wahrnehmen.
  • Die Vereine müssen sich gemeinsam mit Fanvertretern zur Fankultur bekennen und diese fördern.
  • Der DFB und die DFL müssen den Vereinen klar machen, dass Fans ein Recht auf Mitsprache bei Umbaumaßnahmen innerhalb des Stadions haben müssen.
  • Der DFB und die DFL sollen sich national und international für den Erhalt von Stehplätzen einsetzen.
  • Die Priorität des Handelns der Vereine darf nicht nur am VIP und den Sponsoren ausgerichtet sein, sondern muss auch den Interessen der aktiven Fans gerecht werden.
  • Der DFB und die DFL müssen die Vereine auffordern, gemeinsam mit den Fans Werte der Fankultur zu ermitteln, festzuschreiben und Maßnahmen zur Sicherung zu entwickeln.

Fanutensilien

Erst einmal müssen wir als Fans, die zum Fankongress nach Leipzig angereist sind, unsere Enttäuschung zum Ausdruck bringen. Zur Thematik „Genehmigung von Materialien für Fans“ ist aus unserer Sicht der vom DFB bei dieser Veranstaltung hoch gelobte Dialog gescheitert.

Wir als aktive Fans erfuhren während einer Diskussionsrunde zur Thematik „Genehmigung von Fanutensilien“ von führenden Fanvertretern der Parteien DFB (Gerald v. Gorrissen) und DFL (Thomas Schneider), dass die Genehmigung von Materialien nicht zentral von den Parteien DFB und DFL fixiert und vorgegeben werden kann. Des Weiteren ist die in der Diskussion eingebrachte „Musterstadionordnung“ unlängst nicht mehr überarbeitet, was laut Vertretern der beiden Parteien nötig und möglich wäre.

In diesem Konsens präsentierten aktive Fans und der Sicherheitsbeauftragte des FC St. Pauli Hamburg ein Papier (siehe Anhang) als Vorschlag zur „Neugestaltung des Genehmigungsverfahrens für Fan-Utensilien der Gästefans“. An dieses würden wir uns als aktive Fans der verschiedenen Faninitiativen in Zukunft im gesamten (somit auch für Heimfans) anlehnen.

Wir fordern somit zum schnellstmöglichen Zeitpunkt die uneingeschränkte Erlaubnis der Mitnahme von folgenden Fan-Untensilien in allen Stadien bundesweit für Heim- sowie Auswärtsfans:

-Zaunfahnen
-Blockfahnen
-Schwenkfahnen
-Doppelhalter
-Megafon
-Trommeln
-Fahnen jeglicher Art ohne Einschränkung in Stocklänge, Größe sowie Material
-Schlüsselanhänger
-Rucksäcke
-Feuerzeuge
-Medikamente
-Bauchtaschen
-Foto- und Videokameras
-Getränke und Speisen
-Klopapier, Kassenrollen und Schnipsel

Sowie in Zügen der Meinungsfreiheit:

-Flyer
-Spruchbänder
-Fanhefte

KURZFRISTIG fordern wir im Bezug auf diese Problematik noch auf dem Fankongress schriftlich die Einwilligung des Deutschen Fußballbundes und der Deutschen Fußballliga zu den von uns in einem separaten Schreiben notierten Punkten.

MITTELFRISTIG fordern wir eine Absichtserklärung des Sicherheitsbeauftragten Helmut Spahn vom Deutschen Fußballbund sowie den Geschäftsführern der Deutschen Fußball Liga zum genannten Papier (siehe Anhang) sowie ein öffentliches Bekenntnis zu den von uns gestellten Forderungen und deren Umsetzung und auch eine Empfehlung an die Vereine sowie alle in Frage kommenden Sicherheitsorgane. Mittelfristig ist für uns der Stichtag SAMSTAG, 01.09.2007!

LANGFRISTIG fordern wir mit Datum vom DIENSTAG, 01.01.2008 die vollständige Umsetzung der oben genannten Forderungen bundesweit.

Unabhängig vom Thema Fan-Utensilien fordern wir einen Austausch mit Vertretern des DFB und der DFL, um unsere Position zum kontrollierten Umgang legalen Abbrennens pyrotechnischer Artikel klarzustellen.

PS: Im Laufe des Kongresses wurde von Seiten der Fans eine gemeinsame Absichtserklärung ausformuliert, mit dem Ziel, eine gemeinsame Position zwischen Fans und DFB-Vertretern festzuhalten. Das Papier wurde am Sonntagmorgen den Verbandsvertretern vorgelegt, wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht kommentiert.

Anhang:
Neugestaltung des Genehmigungsverfahrens für Fan-Utensilien der Gästefans

Der FC St.Pauli plant in der kommenden Saison 2007/2008 ein neues Vorgehen im Bereich „genehmigte Fan-Utensilien der Gästefans“. Dieses Vorgehen ist ein Ergebnis langer Diskussionen innerhalb des Vereins und wird von Fanorganisationen, dem Fan-Projekt, dem Fan-Beauftragten, dem Sicherheitsbeauftragten und dem Präsidium mit getragen.

Es verhält sich so, dass der FC St. Pauli in den letzten Jahren mehr Strafen aufgrund des Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen im Gästeblock zahlen musste als in den vielen Jahren zuvor, als die Genehmigungspraxis liberaler gehandhabt wurde. Dies zumindest deutet darauf hin, dass an der Argumentation „Verbote von Fan-Utensilien reizen erst recht zum Übertreten von Grenzen“ etwas dran sein könnte. Belegbar ist dies natürlich nicht, wie so Vieles im Leben. Ein Grund, Alternativen auszuprobieren ist es allemal. Das Vorgehen soll so ablaufen:
Vor jedem Heimspiel werden den jeweiligen Fan- und Vereinsvertretern des Gastes (Fan-Projekt, Fan-Beauftragte, Fanclubverband, Ultra-Gruppe, Sicherheitsbeauftragter, etc.) unsere Richtlinien in aller Deutlichkeit bekannt gegeben.

Diese heißen: „Ihr dürft grundsätzlich alles an Fan-Utensilien (Zaunfahnen, Blockfahnen, Schwenkfahnen, Doppelhalter, Trommel, Megafon…) mit ins Millerntor-Stadion nehmen, soweit es nicht gegen geltendes Recht oder die gültige Stadionordnung des FC St.Pauli verstößt. Eine Voranmeldung dessen, was mitgebracht werden soll, ist unabdingbar. Sollte vor, während oder nach dem Spiel Pyrotechnik jedweder Art zum Einsatz kommen, hat der jeweilige Verein bzw. dessen Fanszene Konsequenzen dahingehend zu tragen, dass für die nächsten 5 Jahre bzw. 5 Spiele des jeweiligen Vereins am Millerntor nichts dergleichen mehr genehmigt werden wird. Unabhängig davon werden je nach Möglichkeit bundesweite Stadionverbote ausgesprochen und zivilrechtliche Schadenersatzklagen angestrebt. Nun liegt es an Euch, das in Euch gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen…“

Es ist anzumerken, dass entsprechende Vorgehensweisen in der Vergangenheit bspw. in Jena und Münster durchweg positive Ergebnisse erbracht haben!

Selbstverständlich sind wir uns bewusst, dass es hierbei auch Rückschläge geben kann und auf Dauer gesehen auch geben wird. Doch sind wir guten Mutes, dass die Vorteile überwiegen. Und die ein oder andere begangene Ordnungswidrigkeit im Stadion (mehr ist es nämlich zumeist nicht) sollte der FC St.Pauli und die Hansestadt Hamburg aushalten können.

Sven Brux (Organisationsleiter des FC St. Pauli)


Forum 2: Spannungsfelder

Vereine / Polizei / Ordnungskräfte

  • Defensives Verhalten von Polizei und Ordern an Spieltagen am Stadion, am Ankunftsbahnhof, auf dem Weg zum/vom Stadion

Die Verhältnismäßigkeit der Polizei im Umgang mit Fußballfans ist nicht gegeben. Wir fordern die Polizeistellen der Länder auf, dass diese
Verhältnismäßigkeit wieder gewahrt wird. Fußballfans werden natürlich immer das Gefühl vermittelt bekommen, Verbrecher zu sein,
wenn sie bereits bei Verlassen des Zuges/Busses von behelmter, mit Gummiknüppeln
ausgestatteter Polizei in Empfang genommen werden.

  • Verbesserung der Kommunikation bei Auswärtsspielen

Die meisten Fanszenen setzen bei organisierten Auswärtsreisen eigene Fanordner ein. Diese Funktion wird von verantwortungsbewussten Fans und/oder fannahen Ordnern übernommen.Diese und weitere Informationen über die jeweilige Fanszene scheinen allerdings niemals bei den zuständigen Polizeibeamten der Zielorte anzukommen. Durch Kommunikation mit den zuständigen Fanprojekten und dem Vertrauen aus den gewonnenen Informationen würde die Polizei Situationen viel fanfreundlicher einschätzen und diesen auch realistischer begegnen.

  • Einführung des Auswärtsfanbeauftragten

Wir schlagen die Einrichtung einer neuen Stelle innerhalb der Fanprojekte vor. Der/die Auswärtsfanbeauftragte soll als Vermittler zwischen örtlicher Polizei und Gästefans tätig sein. Im besten Fall sollte die Aufgabe des Auswärtsfanbeauftragten von einer Person aus der aktiven Fanszene betraut werden; sollte dies nicht möglich sein, muss die betreffende Person zumindest über hohe Fankenntnis verfügen und von der aktiven Fanszene akzeptiert und respektiert sein. Der Auswärtsfanbeauftragte soll analog zum Fanbeauftragten als Grundlage der Lizenzerteilung zu Liga 1, 2 und 3 in der Satzung des DFB/der DFL verankert werden.

  • Kennzeichnungspflicht von Polizei und Ordnern

Wir fordern, die Vereine verbindlich dazu auf, eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Ordner bei allen Spielen im nationalen und internationalen Geschäft von 1., 2. und 3. Ligisten durchzuführen. Die Kennzeichnungspflicht der Polizei ist Sache der Länder. Und hier sind die Vertreter der verschiedenen Polizeieinrichtungen angesprochen. Doch auch der DFB, als quasi „Schirmherr“ der Stadien der 1. bis 3. Liga muss darauf  bestehen, dass Beamte nicht nur mit ihrer Gruppenzugehörigkeit, sondern des Weiteren mit einer nachvollziehbaren Kennung ausgezeichnet werden.

  • Ordnerschulungen

Wir fordern hiermit, dass die Einhaltung der Lizenzauflagen betreffend der Schulung aller einzusetzenden Ordner durch die Vereine zwingend von der DFL/DFB kontrolliert werden muss. In dieser Schulung muss, neben einem deeskalierenden Auftreten gegenüber Fußballfans, auch die Aufklärung bezüglich verfassungsfeindlicher Symbole vorgenommen werden. Es kann nicht sein, dass Ordner mit eben diesen Symbolen vor den Blöcken stehen oder diese einfach ignorieren. Ordner in Fußballstadien müssen über die Strukturen von Fanszenen aufgeklärt werden.

  • Datei Gewalttäter Sport

Wir fordern die Überprüfung der GWS in Bezug auf deren Existenzberichtigung durch den Bundesdatenschutz. Sollte der Zweck der GWS nachgewiesenermaßen weiterhin bestehen, fordern wir zum Zwecke der Selbstkontrolle die permanente Überprüfung der GWS und deren Handhabe durch den Bundesdatenschutz. Um die Rehabilitierung betroffener Personen zu ermöglichen, empfehlen wir aufs Dringendste, die Daten derer, deren Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, umgehend aus der GWS zu löschen. Wird ein Betroffener in die GWS aufgenommen, muss er umgehend schriftlich darüber informiert werden.Die Speicherung in der GWS anhand einer simplen Personalienaufnahme lehnen wir auf
das Schärfste ab. Es kann nicht sein, dass Betroffene erst an z.B. Flughäfen darüber informiert werden, dass sie in der Datei geführt werden und deshalb nicht ausreisen dürfen.

  • Einhaltung des Grundgesetzes

Die Unschuldsvermutung ist ein verfassungsrechtlich zugesichertes Recht eines jeden Bürgers. Wir fordern den DFB dazu auf, mit dazu beizutragen, dass auch Fußballfans dieses Recht nicht aberkannt bekommen.

Stadionverbote

Forderungen bezüglich bundesweiter Stadionverbote

  • Jeder Betroffene muss das Recht dazu haben, Stellung zu beziehen, bevor ein Stadionverbot (SV) ausgesprochen wird. Sprich: Ohne persönliche Anhörung im Vorfeld darf weder die Dauer des SV bestimmt, noch das SV überhaupt ausgesprochen werden.
  • Zeitgleich muss jeder Betroffene darüber informiert werden, dass ihm das zuständige Fanprojekt beratend zur Seite stehen kann. Sollte kein Fanprojekt existieren, muss auf den Fanbeauftragten verwiesen werden.
  • Die Zuständigkeit für die Verhängung eines SV obliegt grundsätzlich dem Bezugsverein. Der „betroffene“ Verein darf einen Vorschlag bezüglich der Dauer beim Bezugsverein einreichen.
  • Bei der Erteilung des Stadionverbots muss die Laufzeit abhängig gemacht werden vom Einzelfall: Insbesondere Inhalt und Form der Einlassung des/der Betroffenen, Persönlichkeit und Geschichte des/der Betroffenen, Betrachtung des Vorfalls und dessen Entstehung sollen eine Rolle spielen (Einzelfallprüfung statt Katalogisierung nach Straftatbestand).
  • Der Beurteilung durch die Fanprojekte muss eine stärkere Gewichtung beigemessen werden. Eine eventuelle Empfehlung der Polizei darf nur ergänzend zur Beurteilung des Falles, aber nicht allein ausschlaggebend sein.
  • Ein bundesweites Stadionverbot darf höchstens die Dauer eines Jahres betragen, in der Regel soll die Dauer deutlich darunter liegen. Mindestens die Hälfte der Zeit muss zur Bewährung ausgesetzt werden, gegebenenfalls gegen Auflagen. Bei „Ersttätern“ muss grundsätzlich die komplette Laufzeit zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung muss immer dem Bezugsverein obliegen.
  • Diese Auflagen können direkt beim Verein (z.B. Rollstuhlfahrer begleiten) oder aber auch in sozialen Einrichtungen abgeleistet werden (z.B. im Obdachlosenprojekt). Bei der Suche nach passenden Einrichtungen kann auch die Fanszene oder das Fanprojekt behilflich sein, die letztendliche Entscheidung über die Eignung, sowie die Kontrolle über die Einhaltung der Bewährungsauflagen liegen allerdings beim Verein.
  • Nur in Extremfällen darf die Dauer von einem Jahr bzw. die Aussetzung gegen Auflagen keine Beachtung finden. Hierzu muss – wenn existent – das Fanprojekt und der Fanbeauftragte hinzu gezogen werden. Die Definition, ob ein Extremfall vorliegt, darf nur einstimmig mit allen Beteiligten festgelegt werden.
  • Das Stadionverbot muss aufgehoben werden, wenn das zugrunde liegende Ermittlungsverfahren nach § 170 II oder 153a StPO eingestellt wurde.
  • Der § 4 (4) 16 der Stadionverbotsrichtlinien – Aussprechung eines Stadionverbotes nach Ingewahrsamnahmen oder schriftlich belegten Platzverweisen – muss ersatzlos gestrichen werden.

Forum 3: Fanbetreuung

→ Es muss in jedem Verein professionelle Fanbetreuungsstrukturen geben. Denkbar wäre, dass die Leitlinien solcher Strukturen und ihre Qualitätsstandards als Bestandteil der Lizensierungsauflagen festgeschrieben werden.

→ Fanbeauftragte und Fanprojekte müssen durch die jeweiligen Bezugsvereine und die anderen relevanten Institutionen größtmögliche Unterstützung und Wertschätzung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben erfahren. Die Wichtigkeit und Bedeutung der Aufgabe Fanbetreuung muss seitens der relevanten Institutionen (Verein, Ordnerdienst, Polizei usw.) anerkannt sein.

→ Es gibt in Deutschland – teils aus Gründen der Finanzierbarkeit oder geschichtlich gewachsen –  sehr unterschiedliche, teils langjährig etablierte Strukturmodelle der Fanbetreuung. Bei der Festlegung von Leitlinien für Standards der Fanbetreuung durch DFB/DFL sollte daher genügend Spielraum für eine flexible Handhabung bei gleichzeitiger Formulierung von best. qualitativen Standards zugestanden werden.

→ Fanbeauftragte und Fanprojekte unterscheiden sich voneinander in ihrer jew. Rollendefinition und im sich daraus ergebenden Aufgabenfeld – gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche Schnittmengen in der täglichen Arbeit, v.a. in den Bereichen Informationsvermittlung, institutionelle Lobbyarbeit für Faninteressen, Zusammenführung der verschiedenen Fangruppen eines Bezugsvereins und im Bereich der Konfliktschlichtung. Fanbeauftragte und Fanprojekt sollten deshalb ein gutes Verhältnis zueinander haben, im ständigen Austausch miteinander stehen und anlassbezogen eng zusammenarbeiten.

→ Fanbeauftragte sollen Fans bei Stadionverbotsverfahren unterstützen und sollen bei der Aussprache von Stadionverboten zur Beratung und Unterstützung durch den jew. Verantwortlichen hinzugezogen werden.


Forum 4: Antidiskriminierung

Hinweis: Wenn in nachfolgenden Forderungen die Rede von Diskriminierung ist, ist darunter Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Sexismus; Homophobie, Diskriminierung aufgrund von Religionszugehörigkeit sowie Diskriminierung von Menschen mit Behinderung zu verstehen.

Forderungen an Fans

  • Selbstregulierung (Thematisierung und Problematisierung von diskriminierenden Vorfällen in Treffen, Fanzines, Websites etc.)
  • Öffentlichkeit schaffen bei diskriminierenden Vorfällen in der eigenen Szene
  • Positionierung gegen Rassismus und Diskriminierung im und außerhalb des Stadions (Banner, Kleber, etc.)
  • Vernetzung mit antidiskriminierenden und generell zivilgesellschaftlichen Gruppen
  • Zusammenarbeit mit lokalen Projekten, die mit MigrantInnen arbeiten

Forderungen an Vereine

  • Öffentliche Positionierung und darüber hinaus Problembewusstsein gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Diskriminierung (Homophobie, Sexismus)
  • Ideelle und/oder logistische Unterstützung lokaler antidiskriminierender Fangruppen (Räume, Möglichkeiten zur Selbstdarstellung, Bereitstellung von Spielern, etc)
  • Aufnahme eines Antidiskriminierungs-Paragraphen in die Vereinssatzung und Stadionordnung / Verbot „“ Symbolik in den Stadien (siehe St. Pauli)
  • Bennennung eines Ansprechpartners für antidiskriminierende Arbeit
  • Aktive Teilnahme an antidiskriminierenden Aktionstagen wie der FARE „Week of action“ / Bereitstellung von Spielern für antidiskriminierende Aktionen
  • Vorsicht bei Auswahl des Ordnungspersonales / Schulung des Ordnungspersonals
  • Schulungen in zahlreichen Bereichen in Kombination mit DFB/LV (Ordner, Schiris, Vereinsmitarbeiter, Fans, etc.) / Antidiskriminierende Botschaft auf Ordnerwesten
  • Förderung einer Kampagne gegen Homophobie: Dream Team aus homosexuellen und solchen Spielern, die unterstützend mitwirken
  • Bereitstellung von Freikarten für Projekte, die mit migrantischen Jugendlichen arbeiten
  • spezielle Herangehensweise an die ethnischen Communities (Trainerlehrgänge, systematisiertere Einbindung in sportinstitutionelle Strukturen, hauptamtliche Integrationsbeauftragte)
  • Nutzen der Rolle der Spieler als Role-Models: lizenzbehaftete Verankerung von sozialem und gleichzeitig lokalem Engagement in Arbeitsverträge (wie in England)
  • Antidiskriminierendes Branding auf Werbetafeln im Stadion und z. B. bei Pressekonferenzen (nach Vorbild z. B. der UEFA)
  • Vernetzung mit antidiskriminierenden und generell zivilgesellschaftlichen Gruppen

Forderungen an Verbände (LV, DFB, DFL; VdV)

  • Schulung der Mitarbeiter (Sicherheitsbeauftragte, Sportgerichte)
  • Schulung und Unterstützung der Schiedsrichter bzw. Schiedsrichterbeobachter
  • Bennennung eines Ansprechpartners für antidiskriminierende Arbeit/Monitoring bei den Landesverbänden
  • Planungssichere Einrichtung und Weiterentwicklung von Konfliktschlichtungsmodellen im Amateurfußball auf der Grundlage des hessischen Mediationsprojektes, des Modells des Niedersächsischen Fußballverbandes und des Berliner Präventionsmodells
  • Einrichtung eines Beobachtungs- und Meldesystems für rassistische/diskriminierende Vorfälle
  • Aufnahme eines Antidiskriminierungs-Paragraphen in die Vereinssatzung und Stadionordnung als Lizenzauflage festschreiben und leben
  • Einrichtung eines Antidiskriminierung-Beauftragten/Ansprechpartners in den Vereinen als Lizenzauflage
  • Einrichtung eines Fonds aus Strafgeldern zur Unterstützung antidiskriminierender Faninitiativen in den betroffenen Vereinen
  • Bundesweite Antidiskriminierungszentrale
  • regelmäßiges „Fanforum“ zur Anhörung der Fans
  • Einrichtung einer verbindlichen Spielergewerkschaft, die auch ein speziell ausgerichtetes Forum für ausländische Spieler und Spieler mit migrantischem Hintergrund liefert und sich in die Antidiskriminierungsarbeit einbringt
  • Antidiskriminierendes Branding auf Werbetafeln im Stadion und z. B. bei Pressekonferenzen (nach Vorbild z. B. der UEFA)
  • Vernetzung mit antidiskriminierenden und generell zivilgesellschaftlichen Gruppen
  • Anschreiben aller Vereine im Profi- und Amateurfußball: Monitoring von diskriminierender Schmierereien im Stadion (z. B. Umkleidekabinen) und Entfernung der diskriminierender Schmierereien
  • Einbeziehung von antidiskriminierenden Kriterien in die Fairnesswertung (UI-Cup/UEFA-Cup)

Forderungen an die Politik

  • Unterstützung der sozial-pädagogischen Fanprojekte in den Bundesländern, die die Drittmittel-Finanzierung ablehnen Unterstützung der sozial-pädagogischen Fanprojekte auch bei den zuschauerstarken Vereinen der unteren Spielklassen
  • In-die-Pflicht nehmen der Polizeibeamten bei diskriminierenden Vorfälle
  • (mit DFB/DFL): Schaffung eines Finanzfonds zur Umsetzung o. g. Maßnahmen
  • Vernetzung mit institutionellen Fußball- und Fußballfan-Gruppen


Forum 5: Länderspiele

Wünsche/Vorschläge an die Polizei

  • Die Transparenz und einheitliche Handhabung der Datei Gewalttäter Sport soll sichergestellt werden
  • Ausreiseuntersagungen sollen eingedämmt werden
  • Bei Kartenerhalt durch den DFB soll rechtzeitig über eventuelle Ausreiseverbote bzw. -hindernisse informiert werden bzw. eine Ausreisemöglichkeit garantiert werden

Ticketvergabe

  • Einführung einer Auswärtsdauerkarte für „Allesfahrer“
  • Bonus- oder Punktesystem für „Allesfahrer“, um den Erwerb von Tickets für „attraktive“ Länderspiele sicherzustellen (Beispiel: Personen die in Armenien waren, sollen für ein Spiel in London bevorzugt werden)
  • Die gemeinsame Anreisepflicht für Reisegruppen von Fanprojekten(FP)/ Fanbeauftragten(FB) soll abgeschafft werden; Die Kartenkontingente von FP/FB sollen auch an Personen verteilt werden dürfen, die in einer eigenständigen Kleingruppe anreisen, da es u. a. bei entfernten Auswärtsspielen häufig nicht möglich ist, eine große Gruppe zusammen im Flugzeug für einen akzeptablen Preis reisen zu lassen
  • Abschaffung des Fanclub Nationalmannschaft aufgrund des zu hohen Kommerzialisierungsgrades

Zwischenfälle im Ausland

  • Informationspflicht für Einträge, die zu Ausreiseverboten führen können durch Polizei
  • Nach Zwischenfällen realistische Einschätzung des Vorfalls durch Fanbetreuer an Presse, um der überzogenen, meist spekulativen Berichterstattung vorzubeugen
  • Fanbetreuung ausbauen – Kompetenzen für Betreuer schaffen
  • Selbstregulierung zulassen und fördern (Deeskalationsstrategie der Polizei)
  • Unmut durch überzogene Ticketpreise und schlechte Stadionbedingungen möglichst im Vorfeld verhindern