ProFans zeigt sich über populistischen Vorstoß von NRW Profivereinen und Innenministerium irritiert

Berlin, den 14. 09. 2020

Aus Sicht des bundesweiten Fanbündnisses ProFans manifestiert sich mit der „Kooperationsvereinbarung zur Einrichtung und Erhaltung von Stadionallianzen“ ein weiteres Mal, dass der viel beschworene Dialog auf Augenhöhe mit Fans weder von Seiten der Funktionäre noch von den politischen Entscheidungsträgern gewollt ist. „Wieder einmal wurden Vereinbarungen, die vor allem uns Fans betreffen, völlig an den Betroffenen vorbei getroffen. Das lässt alle vollmundigen Bekenntnisse seitens der Funktionäre und der Politik zur Bedeutung der Fans für den Fußball wie reinen Hohn erscheinen“, so ProFans Dortmund Sprecher Nicolai Mäurer.

ProFans stellt zudem fest, dass sich in den letzten Monaten der Pandemie insbesondere die organisierten Fanszenen größtenteils vorbildlich verhielten und somit auch keinerlei aktueller Anlass für die in der Stadionallianzen implizierte Kriminalisierung von Fankulturen besteht. Viel mehr ist in den Forderungen zur Behandlung von Stadionverboten und Spruchbändern aus Sicht von ProFans ein Angriff auf die kritische und organisierte Fankultur zu erkennen. „Es kann nicht sein, dass Herr Reul und die Polizei NRW versuchen, die Deutungshoheit über rechtlich zulässige Meinungen zu erzwingen und sie damit zu kriminalisieren“, kommentiert ProFans Sprecher Stephan Schell.

Des Weiteren weist ProFans darauf hin, dass die repressiven Maßnahmen Stadion- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen keine geeigneten Mittel sind, sondern seit Jahren durch teilweise großflächige und unverhältnismäßige Anwendung zu einer Verschärfung des Konflikts geführt haben. Das aktuelle Papier bedeutet an vielen Standorten einen Rückschritt in diesem Spannungsfeld, nachdem es in den letzten Jahren lokal durchaus vorsichtig positive Entwicklungen gab.

Durch die eilige Veröffentlichung des Schreibens durch das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen vor dem Wochenende der Kommunalwahlen, drängt sich zudem der Eindruck auf, dass hier ein Wahlkampfmanöver seitens des Innenministers vorliegt.

ProFans vermisst außerdem in der gesamten Kooperationsvereinbarung die Verantwortung der Polizei für ein positives Fußballerlebnis. Fußballspiele in Deutschland sind die sichersten Großveranstaltungen des Landes. Die meisten Verletzten sind vor allem durch fragwürdige polizeiliche Maßnahmen in Menschenmassen zu verzeichnen – insbesondere durch den unangemessenen Einsatz von Pfefferspray. In Zeiten der Debatten über Polizeigewalt versucht das Innenministerium NRW den Fokus auf vermeintliche Gefahren durch Fans zu verschieben.

Es ist abschließend zusätzlich festzustellen, dass im aktuellen Fall weder die Fanbeauftragten noch die sozialpädagogischen Fanprojekte mit einbezogen oder zumindest konsultiert wurden – von den bekannten organisierten Fanvertretungen einmal ganz zu schweigen. Stattdessen scheint, womöglich aus finanziellen Interessen, ein Kuhhandel zwischen Profifußball und Innenministerium geschlossen worden zu sein. ProFans fordert die Politik und Funktionäre im Sinne aller Beteiligten auf, endlich die Symbolpolitik auf Kosten der Fankurven zu unterlassen!

ProFans, im September 2020